CAFÉ BAR MOKKA – Eine Liebeserklärung

Es gibt Orte, die sind wie eine zweite Heimat, Orte, die in jedem Lebensabschnitt für uns da sind  – fast wie eine Erweiterung unseres Wohnzimmers. Für unsere Familie ist dieser Ort in Thun das Mokka. Der legendäre Musikklub – weit über die Stadt-, Kantons- und sogar Landesgrenzen hinaus bekannt. Es ist der Ort, wo ich schon mit 16 Jahren in den Ausgang ging und auch mit bald 50 noch gerne hingehe. Der Ort, an dem ich mich im Thuner Nachtleben immer sicher fühlte. Der Ort, an dem ich Freunde fand. Hier gibt es an der Bar nicht nur Drinks und Bier, sondern auch Saft, Tee oder einen guten Kaffee. Während meiner Studienzeit, waren mir oft auch die sehr moderaten Eintrittspreise für Konzerte noch zu hoch und so habe ich manchmal darauf gewartet, bis die Kasse am Eingang weggeräumt und ich mich in der Disco ins Tanzgetümmel stürzen konnte. Jeden Monat schaute ich mir gespannt das Programm an. Nicht nur das Konzertprogramm ist vielseitig, nein auch die DJ sorgen für gute Tanzstimmung in den unterschiedlichsten Stilrichtungen. Mein Tanzherz schlug immer höher, wenn ich mich zu Funk und zu Musik der 70er-Jahre austoben konnte. Im Sommer bietet der Mokka-Garten einen Ort zum Verweilen, häufig auch eine Möglichkeit den kleinen oder grossen Hunger mit leckeren Snacks und inzwischen sogar mit reichhaltigen Menus zu stillen. Und das Mokka ist nicht nur im Mokka. Es gab immer auch schon Sommeraktionen in anderen Teilen der Stadt, wie etwa das Mokka-Waisenhaus, das Mokka-Heartbreakhotel, das Mokka-Festival am Schluss.

Dass ich auch meinen Ehemann im Mokka kennengelernt habe, erstaunt wenig – eher die Tatsache, dass diese Begegnung nicht viel früher stattgefunden hat. Immerhin hat er dort als DJ aufgelegt, ist an der Kasse und hinter der Bar gestanden und mit «Merfen Orange» auch mehrmals auf einer Mokka-Bühne aufgetreten.

Und mit der Liebe meines Lebens kamen dann auch die Kinderlein und die durchgetanzten Nächte machten einer anderen Art von Schlaflosigkeit Platz. Lange mussten wir aber nicht in Mokka-Abstinez leben: Das Mokka führte nämlich im November 2016 die Konzerte für Familien ein. Und so können wir nun schon seit unser jüngster Sohn vier Jahr alt war einmal im Monat an einem Sonntag zusammen mit unseren drei Jungs in den Ausgang gehen.

Ich habe nie ganz verstanden, warum Kinder «andere» Musik als Erwachsene hören sollten. Wo doch gerade Musik die Herzen und Ohren unabhängig von Alter, Bildungsstand und politischer Gesinnung berühren und erfreuen kann. So lauschten die Jungs beim ersten Konzert gebannt dem Weltklasse-Jazz des “Colin Vallon” Trios. Und die Musik hat zu ihnen gesprochen.

Sie wurden schnell vom Mokka-Fieber gepackt. Bald wurde es zuhause nachgebaut. Mit dem Dinosaurier auf dem Dach, ET und dem Eisbär neben der Bühne, dem Fuchs auf dem Klavier und einem riesigen Spiderman scheint das Mokka, wie für Kinder eingerichtet. Bald standen zu Weihnachten Nebelmaschinen und Blitzlampen auf dem Wunschzettel.

In den sieben Familienkonzert-Jahren haben wir kaum einen Anlass verpasst und dabei regionale und internationale Interpreten aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen kennengelernt. Manchmal waren wir fast die einzigen, manchmal war die Bude zum Brechen voll. Warum das so war, haben wir nie ganz verstanden – an den Darbietungen der Bands lag es jedenfalls nicht. Was das Mokka da an Kulturvermittlung leistet, ist für uns unbezahlbar.

Das Quartett “Silberen” interpretiert traditionelle Schweizer Volksmusik neu und unsere Kinder sahen erstmals ein Hackbrett in Aktion und es wurde gejodelt. Die gekaufte CD gehört nun zu unserem musikalischen Familienwortschatz. Und wegen einer verschütteten Cola haben wir sogar einen Mokka-Lappen geschenkt bekommen.

Shirley Grimes, die irische Singer- und Songwriterin aus Bern, verzauberte uns mit ihrer wundervollen Stimme und nahm uns zusammen mit Wolfgang Zwiauer mit auf eine auch persönliche Reise. Lovesongs – über die Liebe in all ihren Facetten.

Als Trummer und Nadja Stoller Maria Lauber spielten war die Bude voll und wir verzaubert: So viel Poesie, so viel Witz. Tief berührt. Frutigen muss ein besonderer Flecken Erde sein. Dabei hatte ich an diesem Sonntag gar nicht so Lust ins Mokka zu gehen. Zum Glück erlag ich dem Gruppendruck.

Serafyn” aus Basel haben sich leider inzwischen aufgelöst aber die Musik ist noch da. Die zarten und doch kraftvollen Stimmen kommen jetzt vom Plattenteller und die Erinnerung an ihren Auftritt lebt weiter. Das T-Shirt mit dem tollen Quallen-Logo wird auch weiterhin getragen und hat auch schon dafür gesorgt, andere Fans der Band kennenzulernen.

Der Berner Combo “Colibri” hörten wir gebannt im wunderbaren Mokka-Garten zu und erst gerade auch Drinnen. Bei einem Wettbewerb gab es eine CD zu gewinnen – da gab es selbst für unseren eher schüchternen Sohn kein halten mehr. Und er hat die CD dann auch tatsächlich gewonnen.

Mit “Lüül & Band” gingen wir auf Wanderjahre und sie machten Berliner-Charme greif- und hörbar.

Another Me” aus der Region hat uns in ihre Klangwelten entführt als sie zu Zeiten von «a second» noch als Gewschwisterpaare auf der Bühne standen. Wir haben ganz viel mitgefilmt, für das eine Familienmitglied, dass im Spital lag und nicht dabei sein konnte. Schöne Töne. Auch zuhause. Und auch in der neuen Formation zu zweit wussten sie uns und unsere doch schon etwas grösseren Kinder zu bezaubern.

Olgas Bagasch” aus Bern brachte Klezmer-Musik in unser Universum. Und zum Cidre trinken können wir jetzt auch Cidre hören.

Fatima Dunn aus Zürich füllte mit ihrem Cello die Bühne ganz alleine, verzauberten alle Anwesenden und zeigte, wie sie mit ihren Loops Klangwelten schaffen kann, die noch lange in uns nachklingen. Sie war auch der Auslöser für die Tochter unserer Freunde selbst Cello zu spielen. Ein anderes Mädchen widmete sich nach dem Konzert wieder voller Elan ihrem Geigenspiel.

Beim Konzert der Thuner Punkband “Tight Finks” kam bei uns allen so richtig Weihnachtsstimmung auf und auch der Fannachwuchs der Band ist gesichert. Das Weihnachtsgeschenk für den Jüngsten konnten wir auch gleich im Mokka kaufen. Ja, es war eine CD.

Bei Frequency 432Hz lauschten gleich drei Generationen unserer Familie in absolutem Dunkel dem Herzschlag des Universums. Eine Erfahrung, die wir nicht so schnell vergessen werden. Und auch eine schöne Art den eigenen Geburtstag zu feiern.

“Deserto Parallax” haben wir nur dank der Familienkonzerte im Mokka kennengelernt. Eine tolle Band mit einem ganz besonderen Vibe. An ihre Konzerte gehen wir inzwischen auch am Abend und ohne Kinder. Und auf ihre nächste LP freuen wir uns auch – sehr.

Unser letzter Ausgang bevor Corona dafür sorgte, dass alle Türen zugingen, war ein Konzert für Familien. Und nachdem die Massnahmen gelockert wurden, war es ein Konzert im Mokka, das wir als Erstes besuchten.

Und natürlich ist ein Club nichts ohne all die Menschen, die mit unglaublich viel Herzblut, Engagement und guten Ideen den Laden durch alle Stürme am Laufen halten – und davon musste das Mokka einige meistern. Darum hier ein grosses Merci aus tiefstem Herzen an das Mokka und an alle, die dafür stehen. Und danke auch liebe Stadt Thun, dafür, dass ihr mithelft, diese Perle in der Schweizer Kulturlandschaft am Glänzen zu erhalten. Aus tiefstem Herzen hoffe ich, dass es so bleibt und das Mokka auch in Zukunft seiner ganz besonderen Philosophie treu bleiben kann. Denn eines ist klar: Die vielen tollen Konzerte – sei es für Familien oder am Abend – sind nicht immer gleich gut besucht und ein rein-kommerziell geführter Club, kann es sich dann einfach nicht mehr leisten, solche Angebote im Programm zu behalten.

Ich wünsche mir aber sehr, dass nicht nur unsere Söhne, sondern auch kommende Generationen vom breiten und vielfältigen Angebot des Café Bar Mokka profitieren können und wir auch im Pensionsalter noch einen Ort haben, der uns mit offenen Armen empfängt und uns immer wieder neue junge Künstler entdecken lässt.

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4 comments

  1. herzlichen dank für die wunderschöne liebesgeschichte!
    das tut gut, während einem nervenverschleissenden politischen engagement im stadtrat;-)
    kann sehr vieles bestens nachvollziehen und versuche hie und da ebenfalls ähnliches zu schildern – wir sehen uns im Mokka<3
    LG

    1. Danke Reto – vor allem für dein Engagement fürs Mokka im Stadtrat und natürlich auch sonst. Bis bald im Mokka 🙂

  2. Danke für den schönen Text. Ein Balsam auf der schrundigen Seele vom Mokkarentner. A propos, das Mokka ist ja in den 35 Jahren langsam und unbemerkt zum Generationenhaus geworden und ich bin der Meinung, dass es dringend auch eine neue Stelle als Kinderschreck braucht. Von mir aus von amteswegen. Mit einem zusätzlichen Budgetboost der Stadt.

    Fahne hoch!

    (Ihr habt tatsächlich eine Nebelmaschine zu Hause?)

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