FÀILTE GU ALBA

Das vergangene halbe Jahr stand bei uns ganz im Zeichen Schottlands. Als klar wurde, dass wir die vollen fünf Wochen Sommerferien verreisen können, liebäugelten wir damit, diese Zeit in Schottland zu verbringen. Eine Landkarte wurde gekauft und an prominenter Stelle aufgehängt. Reiseführer aus der Stadtbibliothek gewälzt, der Cousin in Schottland um Tipps angegangen und farbige Punkte mit Wunschzielen bevölkerten schon bald die besagte Landkarte.

Port A Bhaigh Campsite an der Nordwestküste

ÜBERNACHTEN

Es war klar, dass wir möglichst viel von Schottland sehen und daher nicht fix an einem Platz bleiben wollten. Eine Camper-Miete im Sommer für 5 Personen war uns zu kostspielig und alle anderen Varianten erwiesen sich als zu unflexibel. So reisten wir von zuhause aus mit dem eigenen Auto und unserem grossen Zelt, das uns bereits früher gute Dienste erwiesen hat. Wir haben aber auch zwei Nächte an Bord der Fähre, zwei Nächte in einem GuestHouse und 5 Nächte bei Verwandten verbracht. So haben wir «nur» 25 Nächte im Zelt übernachtet und unser Zelt fünf Mal auf- und wieder abgebaut. Wir waren gut ausgerüstet mit bequemen Matratzen und einmal aufgestellt hatten wir ein gemütliches Zuhause. Einzig auf den Orkney-Inseln war es in der Nacht so kühl, dass wir uns immer zeitig ins Bett geflüchtet haben.

DIE ROUTE

Wir wollten vor allem den schottischen Norden, die Orkney Inseln und die Äusseren Hebriden kennenlernen, unser Zelt aber auch nicht zu oft auf- und abbauen. Unter Berücksichtigung all dieser Punkte, legten wir folgende Route fest: EDINBURGH – LOCH NESS – ORKNEY INSELN – NORDWESTKÜSTE DER HIGHLANDS – ÄUSSERE HEBRIDEN – FORT WILLIAM – YORK

REISE IN DIE VERGANGENHEIT

Westliche Highlands

Die Highlands sind heute weitgehend unbesiedelt und unbewaldet. Dies ist vor allem eine Folge der Vertreibung der ansässigen Bevölkerung zwischen 1762 und 1884 (Highland Clearances). Diese Clearances wiederum, stehen auch im Zusammenhang mit dem Jakobitenaufstand von 1745 und der Schlacht von Culloden (1746). Diese histrorisch sehr bedeutende Schlacht, läutete mehr oder weniger das Ende der Clanherrschaft in Schottland ein. Ein grösseres und eindrucksvolleres Mahnmal als die Weite der Highlands kann man sich kaum denken, wenig erstaunlich also, dass die Vergangenheit in Schottland seltsam lebendig scheint.

Glen Coe

Im Visitor Centre von Glencoe wird die Geschichte des Massakers an den MacDonalds von Glen Coe eindrücklich in einem kurzen Film erzählt. Schockierend ist dabei weniger die Zahl der Opfer als der eklatante Missbrauch des Gastrechts: Die Soldaten, welche schliesslich den Befehl erhielten alle Clanmitglieder unter 70 zu töten, genossen bereits seit 12 Tagen die Gastfreundschaft des Clans und einige Soldaten weigerten sich denn auch, den Befehl auszuführen oder versuchten ihren Gastgebern zur Flucht zu verhelfen. Ein Grossteil der Geflüchteten erfror aber in den zugeschneiten Bergen. Dass Bonnie Prince Charlie rund 50 Jahre später gerade in diesem Gebiet als erstes Unterstützung für seinen Jakobiten-Aufstand bekam, überrascht daher kaum.

Clan Stone – Culloden Moor

Ein Besuch des Culloden Moors stand natürlich auch auf dem Programm. Im modernen und gut ausgestatteten Visitor Centre wurden uns die komplexen Ereignisse, die zu dieser Schlacht führten mittels Audioguides und Ausstellungstücken in einer Weise vermittelt, die uns vergessen liess, dass all dies schon fast dreihundert Jahre zurück liegt. Die geschichtlichen Ereignisse berührten uns stark und so liefen wir das riesige Feld mit all seinen Markierungen, anhand derer man nachvollziehen kann, welche Truppen, wo standen, mit geschärftem Blick und neuem Verständnis ab.

Skara Brae mit Skaill House im Hintergrund

Auch auf den Orkney Inseln kann man Geschichte hautnah erleben, allerdings ist es hier eine viel ältere Geschichte, die erzählt wird. In SkaraBrae erhält man Einblick in das Leben der Menschen, die vor rund 5’000 Orkney Mainland bevölkerten. Genialerweise wurde zwischen der archäologischen Stätte und dem Visitor Centre das Replik einer Kammer aufgebaut, in die man richtig hineingehen und in der man alles anfassen darf.

Der Hügel von Maes Howe, Fotografieren ist im Innern nicht erlaubt.

In Maes Howe, einer Megalithenanlage, ebenfalls aus der Jungsteinzeit, kann man darüber rätseln, warum die Kammer genau auf den Sonnenuntergang am Tag der Wintersonnenwende ausgerichtet ist und sich an den Runen und Ritz-Zeichnungen erfreuen, die Vikinger vor 900 Jahren hier hinterliessen.

Ring of Brodgar, 27 der ursprünglichen 60 Steine sind noch erhalten.

Der eindrückliche Steinkreis “Ring of Brodgar” mit seinem Durchmesser von 104 Metern kann nur noch in sicherer Distanz von den Steinen auf einem vorgegebenen Pfad umrundet werden. Da nun auch Kreuzfahrtschiffe vor Orkney Mainland anlegen (bis zu drei pro Tag!), hat die Besucherzahl stark zugenommen, was die Stabilität des Moors und somit der Steine gefährdet.

Auch die Standing Stones of Stennes sind sehr eindrucksvoll und laden zu Spekulationen über ihren ursprünglichen Zweck ein – zwischen diesen kann man frei zirkulieren, sollte sie aber nicht anfassen.

Auf der Insel Hoy liegt der Dwarfie Stane, ein beeindruckendes Felsengrab, ebenfalls aus der Jungsteinzeit.

Nur wenige Autominuten davon entfernt befindet sich eine Grabstätte weit jüngeren Datums: Die letzte Ruhestätte von Betty Corrigall. Die junge Frau hatte im 18. Jahrhundert gelebt und ist unverheiratet schwanger geworden. In ihrer Verzweiflung hat sie Selbstmord begangen und wurde daher im Moor begraben. Etwas mehr als hundert Jahre später stiessen Torfstecher auf ihren Sarg und nach vielem hin und her bekam sie dann schliesslich ihren eigenen kleinen Friedhof und doch noch einen Grabstein. Allerdings aus Glasfaser – ein richtiger Stein würde im morastigen Untergrund versinken…

Auch auf den Äusseren Hebriden warten eindrückliche jungsteinzeitliche Zeitzeugen auf die Besucher. Die Megalithanlagen von Callanish auf der Insel Lewis beeindrucken schon alleine durch ihre Anzahl. Die Hauptanlage Callansih I. ist annähernd kreuzförmig in nord-südlicher Ausrichtung angelegt. Der Kreuzpunkt besteht aus einem Steinkreis mit einem Monolithen in der Mitte sowie einem kleinen Cairn. Wir haben diesen magischen Ort gegen Abend besucht und hatten ihn mehr oder weniger für uns allein – wurden aber noch Zeugen eines sehr romantischen Heiratsantrages.

Callanish II. und III. wurden nicht in unserem Reiseführer erwähnt und wir entdeckten diese Steinkreise nur durch Zufall.

Auf der Fahrt von der Fähre Richtung schottische Grenze stiessen wir in Northumberland per Zufall auf Bamburgh Castle und staunten nicht schlecht, als wir beim Durchlesen der Infotafel erkannten, dass es sich dabei um Bebbanburgh, dem Sitz von Uhtred, Son des Uhtred handeln muss. Alle Fans der Fernsehserie «Last Kingdom» werden wissen, wovon die Rede ist.

DIE LANDSCHAFT

Schottische Landschaften sind vor allem eines: Eindrücklich. In Worte last sich das gar nicht fassen, darum lassen wir hier einfach Bilder sprechen.

River Foyers, Loch Ness-Gebiet
Hirsch am Loch Tarff, Loch Ness-Gebiet
Birsay, Orkney Mainland
Kitchener Memorial, Orkney Mainland
Clashnessie Falls an der Nordwestküste
Abendstimmung an der Nordwestküste
Blick auf die Summer Isles
Insel Scalpay, Äussere Hebriden
Luskentyre, Insel Harris
Luskentyre, Insel Harris
Kinlochleven

DAS WETTER

Abwechslungsreich wäre wohl hier das Wort der Wahl. Wir haben gefroren, wurden nass, genossen erfrischende Brisen, standen im Nebel und haben uns die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Manchmal auch alles an einem Tag. Im grossen und ganzen hatten wir aber gutes Wetter, häufig angenehm mild und spätestens gegen Abend kam auch immer die Sonne raus und veränderte die Landschaften nochmals vollständig. Unser Zelt haben wir glücklicherweise nur einmal völlig nass im Auto verstauen müssen. Kaum fertig damit kam natürlich wieder die Sonne hervor – aber wir mussten unsere Fähre zur nächsten Insel erwischen.

Von Ullapool nach Stornoway
Hoy, Orkney Inseln
Hoy, Orkney Inseln
Nordwestküste
Insel Scalpay, Äussere Hebriden
North Uist, Äussere Hebriden
Kinlochleven, Lochaber

WAS WIR SONST NOCH GELERNT HABEN

In Edinburgh kommt man nur in den Bus, wenn man über genau abgezähltes Kleingeld verfügt.

Highland Midges, winzige Stechmücken, die gerne in Schwärmen über ihre Opfer heimfallen, fühlen sich speziell von schwarz gekleideten Personen angezogen. Sie tauchen nur auf, wenn es windstill ist und richtig nervig sind sie bei Regen. Smidge ist das Produkt der Wahl, um nicht gestochen zu werden.

Gegessen haben wir immer gut und ganz besonders in der Am Fuaran Bar in Altandhu, an der schottischen Westküste. Das Lokal ist auch sehr kinderfreundlich.

Haggis ist um Welten besser als sein Ruf. Würden wir jederzeit sofort wieder essen. Unser herzlicher Dank gebührt Shona, für diese tolle Erfahrung.

Fàilte gu alba – Willkommen in Schottland: Genauso haben sich diese Ferien angefühlt.

Ceud taing!

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